Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken - für Banken ein Muss

Basics | 13.11.2020, aktualisiert am 19.01.2021 | Redaktionell verantwortlich: Sabine Schmax

Das Thema Nachhaltigkeit steht immer stärker auch im Fokus der Aufsichtsbehörden. Sie befürchten angesichts steigender Nachhaltigkeitsrisiken, insbesondere durch den Klimawandel, Gefahren für die Finanzmarktstabilität. Mit dem BaFin-Merkblatt und dem EZB-Leitfaden hat die Aufsicht ihre Erwartungen an Finanzdienstleister im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken formuliert. Was bedeutet das für Banken?


Finanzielle Auswirkungen des Klimawandels

Analysen der EZB verdeutlichen, dass die Schäden durch Umweltkatastrophen in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind. Die finanziellen Auswirkungen durch die Veränderung des Klimas sind verheerend. Das Chief Risk Officer-Forum schätzt im Jahr 2019, dass sich die finanziellen Schäden allein durch den Klimawandel weltweit bis zum Jahr 2100 auf insgesamt 550 Billionen USD summieren könnten. Die Folgen des weltweiten Artensterbens und des damit verbundenen Verlusts an Biodiversität blieben bei dieser Berechnung unberücksichtigt. Auch in Schleswig-Holstein erleben wir die Auswirkungen des Klimawandels längst hautnah: Die zunehmend lichter werdenden Wälder, Sturmfluten und Ernteausfälle zeigen, dass Dürre und Stürme in den letzten Jahren scherwiegende Schäden angerichtet haben.

Nachhaltigkeitsrisiken: Physische und Transitorische Risiken

Sowohl die BaFin als auch die EZB unterscheiden Nachhaltigkeitsrisiken in physische Risiken und Transitionsrisiken. Physische Risiken resultieren aus Extremwetterereignissen, wie Hitzeperioden oder Stürmen, und deren Folgen sowie aus langfristigen Veränderungen klimatischer und ökologischer Bedingungen, wie dem Meeresspiegelanstieg. Transitionsrisiken entsprechen finanziellen Verlusten, die infolge des Anpassungsprozesses an eine kohlenstoffärmere und nachhaltigere Wirtschaft entstehen, wie bei der Einführung der CO2-Steuer.

Der Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken in Finanzinstituten

Inwiefern sind Banken und ihre Kunden von diesen Nachhaltigkeitsrisiken betroffen? Wie können Finanzinstitute Nachhaltigkeitsrisiken in ihr Risikomanagement einbeziehen? Die BaFin und die EZB haben in den vergangenen Monaten ein Merkblatt und einen Leitfaden veröffentlicht, die Finanzinstituten den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken erleichtern sollen.

Die BaFin hat ihr Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisikenim Dezember 2019 veröffentlicht und dabei zahlreiche Beispiele und mögliche Fragen integriert. Das Merkblatt befasst sich mit den ESG-Risiken (Environment, Social, Governance). Diese sind definiert als Ereignisse oder Bedingungen aus den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung, deren Eintreten tatsächlich oder potenziell negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie auf die Reputation eines beaufsichtigten Unternehmens haben können. Die BaFin sieht ihr Merkblatt als Nachschlagwerk für unverbindliche Verfahrensweisen (Good-Practice-Ansätze).

ImEZB-Leitfaden zu „Klima- und Umweltrisiken“ (November 2020)formuliert die EZB ihre Erwartungen an den Umgang von Banken mit Klima- und Umweltrisiken. Der EZB-Leitfaden ist dabei deutlich konkreter als das BaFin-Merkblatt. Er verlangt von Banken, die Auswirkungen von Klima- und Umweltrisiken auf das jeweilige Geschäftsumfeld zu verstehen und auf dieser Basis fundierte strategische und geschäftliche Entscheidungen zu treffen. Dazu gehören vor allem die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in der Geschäftsstrategie, der Governance und im Risikomanagement sowie deren sichere und umsichtige Steuerung. Die EZB hat den Leitfaden in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsichtsbehörden erstellt. Er richtet sich jedoch in erster Linie an die Institute, die direkt von der EZB beaufsichtigt werden. Der Leitfaden bildet nach Angaben der EZB eine Grundlage für den Dialog der Institute mit den Aufsichtsbehörden.

Beide Publikationen sind grundsätzlich unverbindlich. Institute, die von der EZB beaufsichtigt werden, müssen jedoch ab Ende 2020 Abweichungen im Vorgehen der EZB berichten. Die nationalen Aufsichtsbehörden sollen die im Leitfaden ausgeführten Erwartungen bei der Beaufsichtigung der von ihnen beaufsichtigten Institute anwenden. Dabei soll jedoch die Verhältnismäßigkeit zum Beispiel bezogen auf das Risikoprofil und das Geschäftsmodell der jeweiligen Institute berücksichtigt werden. Der Empfehlungscharakter der Publikationen sorgt bei Finanzmarktakteuren bislang für Unsicherheit darüber, welche Anforderungen zu beachten sind und wie diese in das eigene Risikomanagement integriert werden sollen.

Umsetzung der Empfehlungen in der IB.SH

Wir als IB.SH haben uns dafür entschieden, den deutlich umfangreicheren und konkreteren EZB-Leitfaden als Orientierung zu nutzen, um uns auch perspektivisch auf entsprechende Anforderungen vorzubereiten. Wir wollen uns aber nicht nur auf die Klima- und Umweltrisiken beschränken, sondern die von der BaFin erläuterten ESG-Risiken betrachten.

Aktuell sind wir damit beschäftigt, derzeitige und zukünftige Nachhaltigkeitsrisiken (auf kurze, mittlere und lange Sicht), die auf das Geschäftsumfeld und Produkte der IB.SH wirken, zu identifizieren und zu dokumentieren. Perspektivisch werden geeignete Methoden und Tools zum Einsatz kommen, um die so identifizierten Nachhaltigkeitsrisiken in Zukunft zu überwachen sowie unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zu dokumentieren und sicherzustellen.

Auf diesem Blog informieren wir Sie gern über unsere Fortschritte bei der Umsetzung. Sollten Sie sich aktuell ebenfalls mit dieser Herausforderung beschäftigen, dann kontaktieren Sie uns gern. Ein Austausch ist sicherlich hilfreich!

Redaktionell verantwortlich: Sabine Schmax

Sabine Schmax leitet den Bereich Öffentlichkeitsarbeit bei der IB.SH

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