
EU-Omnibuspaket vereinfacht Nachhaltigkeits- und Sorgfaltspflichten für Unternehmen
IB.SH Fachwissen | 24.09.2025 | Birgit Möller
Mit einem umfassenden Gesetzespaket will die EU-Kommission Berichtspflichten im Bereich Nachhaltigkeit vereinfachen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit stärken ohne die ambitionierten Nachhaltigkeitsziele der EU aus den Augen zu verlieren. Erste Maßnahmen sind bereits in Kraft.
Am 26. Februar 2025 hat die Europäische Kommission ein erstes sogenanntes „Omnibus-Paket“ vorgelegt, das tiefgreifende Änderungen an der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den unternehmerischen Sorgfaltspflichten vorschlägt. Ziel ist eine deutliche Reduzierung des bürokratischen Aufwands und eine bessere Umsetzbarkeit für Unternehmen ohne die ambitionierten Nachhaltigkeitsziele der EU aus den Augen zu verlieren. Einige Maßnahmen sind bereits in Kraft, weitere befinden sich in der Abstimmung und werden voraussichtlich bis Ende 2025 finalisiert.
Vereinfachung als Ziel: Warum die Kommission handelt
Das Omnibuspaket ist Teil der EU-Wachstumsstrategie und basiert u. a. auf Empfehlungen des Draghi-Berichts und des Kompasses für Wettbewerbsfähigkeit. Mit dem Paket verfolgt die Kommission das Ziel, das regulatorische Umfeld für Unternehmen zu entschlacken, um Wachstum, Investitionen und hochwertige Arbeitsplätze zu fördern. Bis zum Ende der Legislaturperiode sollen der Verwaltungsaufwand für Unternehmen um 25 % und für KMU sogar um 35 % reduziert werden.
CSRD: Weniger Unternehmen, weniger Pflichten
Ein Kernpunkt des Pakets ist die Überarbeitung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)). Der Anwendungsbereich wird stark eingegrenzt: Die Schwellenwerte, die festlegen, ab welcher Größenordnung Unternehmen berichtspflichtig sind, sollen angehoben werden. Wie hoch diese sein werden, ist noch in der Diskussion. Nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission sollen nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und über 50 Mio. € Umsatz oder 25 Mio. € Bilanzsumme künftig berichtspflichtig sein. Es gibt dazu mittlerweile auch Vorschläge des Rates und verschiedener Ausschüsse des Europäischen Parlaments. Zur Angleichung an die Vorgaben für die EU Taxonomie wird insbesondere diskutiert, die Umsatzschwelle auch auf 450 Mio. € anzuheben. Das bedeutet eine Reduktion um ca. 80 % der bislang berichtspflichtigen Unternehmen. Gleichzeitig werden die Einführung sektorspezifischer Standards gestrichen, die Berichtspflichten auf das Wesentliche reduziert und die Einführungspflicht für kleinere Unternehmen zeitlich verschoben. Die Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) sollen überarbeitet und vereinfacht werden. Der Grundsatz der „doppelten Wesentlichkeit“ bleibt jedoch bestehen.
CSDDD: Sorgfaltspflichten entschärft
Auch das EU-Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)) wird angepasst. Die Anwendungspflicht für die größten Unternehmen wird auf Juli 2028 verschoben, die Umsetzungsfrist um ein Jahr verlängert. Besonders große Erleichterungen soll es bei der Sorgfaltspflicht in komplexen Wertschöpfungsketten geben: Nur bei plausiblen Hinweisen auf mögliche Risiken müssen Unternehmen auch indirekte Geschäftspartner prüfen. Die Pflichten zur Interessenträgereinbindung und zur Beendigung von Geschäftsbeziehungen werden vereinfacht. Nationale Haftungsregelungen ersetzen EU-weite Vorgaben.
Stärkung kleinerer Unternehmen durch freiwillige Standards
Ein freiwilliger Standard für KMU („Voluntary Standard for SMEs“, VSME) soll sicherstellen, dass kleinere Unternehmen nicht unverhältnismäßig von Berichtspflichten betroffen sind, nur weil sie Teil der Lieferkette größerer Unternehmen sind. Diese sollen künftig nur noch Informationen anfordern dürfen, die dem VSME entsprechen. Auch kleinere Midcap-Unternehmen (bis 500 Beschäftigte) profitieren von dieser Begrenzung.
Taxonomie: Vereinfachung und neue Berichtsmöglichkeiten
Die Berichtspflichten zur EU-Taxonomie werden ebenfalls vereinfacht. Unternehmen mit einem Umsatz unter 450 Mio. € sollen künftig freiwillig berichten können. Zudem wird eine optionale „Teil-Taxonomie“-Berichterstattung ermöglicht, um Fortschritte sichtbar zu machen. Die Zahl der erforderlichen Datenpunkte wird um bis zu 70 % reduziert, Meldebögen vereinfacht und Schwellenwerte eingeführt, unterhalb derer keine Berichterstattung mehr erforderlich ist.
CBAM: Kleine Einführer werden entlastet
Für das CO₂-Grenzausgleichssystem (CBAM) sieht das Paket Erleichterungen für kleine und gelegentliche Einführer vor. Ein Schwellenwert von 50 Tonnen CO2 jährlich befreit rund 90 % der betroffenen Unternehmen von Berichtspflichten – ohne das Umweltziel zu gefährden, da weiterhin über 99 % der CO₂-Emissionen im System erfasst werden. Vereinfachungen betreffen auch die Berechnung von Emissionen und finanziellen Verpflichtungen.
InvestEU: 50 Milliarden Euro durch Bürokratieabbau freisetzen
Auch die InvestEU-Verordnung wird angepasst: Weniger Berichtspflichten, vereinfachte Indikatoranforderungen und spezifische Entlastungen für KMU sollen den Verwaltungsaufwand verringern und Investitionen in Höhe von rund 50 Mrd. € ermöglichen. Die Maßnahmen umfassen auch die kombinierte Nutzung alter Finanzierungsinstrumente mit neuen InvestEU-Garantien.
Fazit: Weniger Bürokratie, mehr Wettbewerbsfähigkeit
Durch das Nachhaltigkeits-Omnibuspaket werden Berichtspflichten gezielter und praxisnäher gestaltet, ohne die ambitionierten Nachhaltigkeitsziele der EU aus den Augen zu verlieren. Für Unternehmen bedeutet das: mehr Klarheit, geringerer Aufwand und bessere Voraussetzungen für Wachstum im Einklang mit dem Green Deal.