Sustainable Finance – Was kommt auf die Landwirtschaft zu?

Erfahrungsbericht | 14.03.2024 | Dr. Christine Bertram

Es ging um den Austausch, um gemeinsame Herausforderungen, Kommunikation und Transparenz: Am 15. Februar 2024 fand unser 3. Sustainable Finance Forum statt. Das Thema war hochaktuell: die Bedeutung von Sustainable Finance für die Finanzierung der Landwirtschaft. Im Mittelpunkt stand dabei die Kernfrage, ob das Management von Nachhaltigkeits- und Klimarisiken einen schwierigeren Zugang zu Krediten für die Landwirtschaft bedeutet.


Auf gemeinsame Einladung des Bauernverbands und der Investitionsbank Schleswig-Holstein hin nahmen über 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Sustainable Finance Forum in der IB.SH teil. Neben Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaftskammer, der Bauern- und Landwirtschafts- sowie Bankenverbände waren Vorstände von nahezu allen Bankengruppen aus Schleswig-Holstein vertreten.

Ines Kefer, Nachhaltigkeitsmanagerin der Landwirtschaftlichen Rentenbank, lieferte nach den Grußworten von Erk Westermann-Lammers und Klaus-Peter Lucht in ihrem Kernimpuls einen Überblick über Sustainable Finance. Sie beleuchtete, was aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich für die Landwirtschaft bedeuten und stellte praktikable Lösungsansätze vor. Anschließend fand eine Diskussionsrunde mit Nikola Steinbock, Sprecherin des Vorstandes der Landwirtschaftlichen Rentenbank, sowie Klaus-Peter Lucht, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, und Erk Westermann-Lammers, Vorsitzender des Vorstands der IB.SH statt. Sie sprachen über die Notwendigkeit einer sachgerechten und individuellen Bewertung von landwirtschaftlichen Betrieben im Kreditvergabeprozess. Vertreterinnen und Vertreter der landwirtschaftlichen Verbände setzten sich insgesamt für eine möglichst einheitliche Vorgehensweise der Banken bei der Risikobewertung von landwirtschaftlichen Betrieben ein.

Welche Herausforderungen bestehen für die Landwirtschaft im Zusammenhang mit Sustainable Finance?

Europäische Banken werden mit regulatorischen Anforderungen konfrontiert, die unter anderem die Messung und Steuerung von ESG-Risiken verbessern sollen. Die zu diesem Zweck nötige Erhebung von Daten des Kreditnehmers betrifft auch die Landwirtschaft.

Diese regulatorischen Anforderungen ergeben sich im Moment vor allem aus der europäischen Sustainable Finance-Regulierung und damit im Wesentlichen aus dem EU Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums. Er soll zur Erreichung der Ziele des European Green Deal beitragen, der eine Netto-Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2050 anstrebt.

Die Berücksichtigung von ESG-Risiken im Kreditvergabeprozess und im Risikomanagement wurde 2023 für deutsche Kreditinstitute durch die 7. Novelle der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) verpflichtend.

Wie funktioniert ein ESG-Scoring?

Eine Möglichkeit, sich der Messung von ESG-Risiken zu nähern, sind Scoring-Verfahren. Sie beurteilen auf der Ebene von Wirtschaftszweigen oder individuellen Kreditnehmern, wie stark diese von ESG-Risiken betroffen sind. In der Gewichtung haben Klima- und Umweltaspekte meist einen überdurchschnittlich großen Einfluss auf das Gesamtergebnis. Insbesondere die Treibhausgasemissionen von Unternehmen spielen eine zentrale Rolle.

Banken werden in Zukunft verstärkt auf ihre Kundinnen und Kunden zugehen, um relevante Informationen für ihre Scoring-Verfahren zu erheben. Dabei kann es sich um qualitative oder quantitative Datenanforderungen handeln und der Umfang der Abfragen kann von Kreditinstitut zu Kreditinstitut variieren.

Branchenfragebogen soll Datenerhebungen vereinfachen

Mit einem Branchenfragebogen stellte die Landwirtschaftliche Rentenbank auf dem Sustainable Finance Forum einen Ansatz vor, um Datenabfragen von Kreditinstituten bei landwirtschaftlichen Kundinnen und Kunden zu standardisieren und zu vereinfachen. Konkret handelt es sich um ein mehrstufiges Vorgehen zur Einschätzung der Treibhausgasemissionen von landwirtschaftlichen Betrieben. Liegen keine quantitativen Daten und keine Nachhaltigkeitszertifizierung vor, werden leicht zugängliche, qualitative Fragen gestellt, die Rückschlüsse auf die Treibhausgasemissionen des Betriebes erlauben. Diese Fragen sind so konzipiert, dass sie von den Betriebsleitern und -leiterinnen leicht beantwortet werden können. Nach derzeitigem Kenntnisstand liegen die dafür erforderlichen Daten den Betrieben bereits weitgehend vor, sodass kein oder nur ein geringer Aufwand für zusätzliche Datenerhebungen entsteht.

Fazit des 3. Sustainable Finance Forums der IB.SH

Alle Beteiligten waren sich einig: Die langfristige Finanzierbarkeit der deutschen Landwirtschaft ist von allgemeinem Interesse. Eine nachhaltige Transformation der Landwirtschaft und die damit verbundene Regulatorik sind gemeinsame Herausforderungen von Kredit- und Landwirtschaft. Für das Entwickeln praktikabler Lösungen sind eine offene Kommunikation sowie transparentes Handeln unverzichtbar.

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