Tierwohl durch Technik
Jörg Riecken ist Landwirt aus Überzeugung und Leidenschaft – und er ist Unternehmer. Vor einigen Jahren übernahm der dreifache Vater in 3. Generation seinen Familienbetrieb im schleswig-holsteinischen Großbarkau. Seine Philosophie: Je zufriedener die Tiere, desto höher ihre Leistung. Gerade die besonders ausgedehnte Weidezeit seiner rund 150 Milchkühe bietet überzeugende Vorteile: „Mit dem richtigen Weidemanagement kann man viel zusätzliches Futter sparen und meine Kühe düngen die Flächen selbst.“ zeigt sich Jörg Riecken zufrieden. Doch auch im Winter, bei matschigem Weideboden, profitieren seine Tiere von frischer Luft und Sonne (wenn sie denn scheint). 2019 sind seine Kühe in einen Tierwohlstall eingezogen – mit geräumiger Außenterrasse und eigenem Liegeplatz für jedes Tier. „Die Herde ist hier sehr entspannt. Das merkt man schon daran, wie leise es im Stall ist. Außerdem gibt es seit dem Umzug noch weniger Verletzungen.“ Seine Investitionen in die Zufriedenheit der Tiere lohne sich aber auch wirtschaftlich: Durch die verbesserten Haltungsbedingungen gäben die Kühe durchschnittlich 10% mehr Milch.
Angespornt von diesem Erfolg arbeiten Jörg Riecken und seine zwei Auszubildenden weiter daran, das Wohlbefinden der Kühe zu steigern. Eine neue Brunnentechnik sorgt künftig für noch besseres Trinkwasser für die Tiere. Außerdem lässt er gerade drei Melkroboter installieren. Damit können die Kühe selbst entscheiden, wann sie in den Melkstand laufen. Nach jedem Melkgang warten gutes Futter und saftige Wiesen auf sie. Diese Motivation ist Teil eines genauen Futter- und Weidemanagements. „Bisher werden die Tiere zweimal täglich gemolken. Mit einem Melkroboter steigt die Zahl in der Regel auf etwa dreimal täglich an, das ist für viele Kühe am angenehmsten. Am Ende steigert das ihre Zufriedenheit und die produzierte Milchmenge.“ Die Gesamtkosten des Melkroboters belaufen sich auf 700.000 Euro. Finanziert hat Jörg Riecken die Investition durch ein Kooperationsdarlehen der Kieler Volksbank und der Investitionsbank Schleswig-Holstein.
Von seinem Konzept ist Jörg Riecken überzeugt und lässt daran auch gerne andere Landwirtinnen und Landwirte teilhaben: Er ist Mitglied eines Forschungsprojektes des EU-Förderprogramms EIP-Agri, in dem Berater, Landwirte und Wissenschaftler Konzepte für eine effiziente und nachhaltige Landwirtschaft entwickeln, anwenden und auswerten. Erst kürzlich begrüßte er 16 irische Landwirte auf seinem Hof und tauschte sich mit ihnen über sein Betriebskonzept aus.
Für den studierten Agrarwissenschaftler ist technischer Fortschritt und mutiges Wirtschaften der Weg, um regionale Landwirtschaft zukunftsfähig aufzustellen: „Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir in der Landwirtschaft Nachhaltigkeit und ein hohes Tierwohl mit effizientem Wirtschaften vereinen können. Dafür müssen wir auf die Wissenschaft und neue Technologien setzen, aber genauso auf unser geschultes menschliches Auge für das Wohlbefinden unserer Tiere.“
„Je zufriedener meine Tiere, desto leistungsstärker sind sie.“